Teilhabechancengesetz
Neue Möglichkeiten für Langzeitarbeitslose und Langzeitbezieher von Alg II
Zum 1. Januar 2019 tritt das "Teilhabechancengesetz" in Kraft. Es soll Langzeitarbeitslosen und Personen, die bereits sehr lange Arbeitslosengeld II beziehen, neue Chancen am Arbeitsmarkt eröffnen. Der Bundestag hatte im November eine entsprechende Änderung des Sozialgesetzbuchs (SGB) II beschlossen.
Das Gesetz sieht zwei wesentliche Neuregelungen vor:
- Neu gefasst wurde "§ 16e SGB II Eingliederung von Langzeitarbeitslosen". Mit der Überarbeitung der bisherigen Regelung soll die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind, in den Arbeitsmarkt erleichtert werden.
- Neu geschaffen wurde "§ 16i SGB II Teilhabe am Arbeitsmarkt". Mithilfe des neuen Instruments sollen "sehr arbeitsmarktferne Personen" wieder am Arbeitsleben teilhaben können. Die Regelung sollte ursprünglich als Regelinstrument dauerhaft im SGB II verankert werden. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben sich dann aber kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens darauf verständigt, dass § 16i SGB II zum 1. Januar 2025 außer Kraft treten soll.
Mit den beiden Instrumenten wird die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, allerdings ohne Arbeitslosenversicherung, der genannten Zielgruppen auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt gefördert. Beide Regelungen sehen auch die Finanzierung eines Coachings vor, mit dessen Hilfe die geförderten Arbeitsverhältnisse unterstützt und stabilisiert werden sollen.
Im Folgenden stellen wir Ihnen wichtige Details der Neuregelungen vor.
Wenn Sie mehr wissen wollen, insbesondere ob in Ihrem Fall die Förderung eines Arbeitsverhältnisses möglich ist, dann fragen Sie bei der Arbeitsvermittlung Ihres Jobcenters nach.
IHK, Handwerkskammer und Verbände der Berliner Wirtschaft planen laut einer gemeinsamen Stellungnahme für das Frühjahr 2019 eine berlinweite Jobbörse speziell für Langzeitarbeitslose. Sowie die Einzelheiten bekannt sind, werden wir darauf hinweisen.
§ 16e SGB II (neu): "Eingliederung von Langzeitarbeitslosen"
Zielsetzung
Mit der Förderung sollen zusätzliche Beschäftigungschancen für Langzeitarbeitslose auf dem Arbeitsmarkt geschaffen werden.
Zielgruppe
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind
Welche Arbeitsverhältnisse werden gefördert?
Gefördert werden Arbeitgeber mit Zuschüssen, die mit Personen der Zielgruppe ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis für mindestens zwei Jahre abschließen.
Förderdauer
Zwei Jahre
Förderhöhe Lohnkosten
- im ersten Jahr: 75 Prozent
- im zweiten Jahr 50 Prozent
des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelt zuzüglich des pauschalierten Anteils des Arbeitgebers zur Sozialversicherung ohne den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Damit entstehen aus der geförderten Beschäftigung keine Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Begleitende Förderung
Coaching: Während der Beschäftigung soll die Agentur für Arbeit oder ein von ihr beauftragter Dritter eine "erforderliche ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung" erbringen. Die Kosten für das Coaching werden für die gesamte Förderdauer übernommen. In den ersten sechs Monaten der Beschäftigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dafür in angemessenem Umfang unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freistellen.
Ausschluss der Förderung
Eine Förderung ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses veranlasst hat, um die Förderung zu erhalten, oder die Person aus der Zielgruppe bei einem früheren Arbeitgeber eingestellt wird, bei dem sie während der letzten vier Jahre vor Förderungsbeginn mehr als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt war. Letzteres gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.
§ 16i SGB II: "Teilhabe am Arbeitsmarkt"
Zielsetzung
Durch die Förderung sollen sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse für sehr arbeitsmarktferne Langzeitbezieher von Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) geschaffen werden.
Zielgruppe
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte,
- die mindestens 25 Jahre alt sind und
- die für insgesamt mindestens sechs Jahre innerhalb der letzten sieben Jahre Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II erhalten haben
(Ausnahme: Für Leistungsberechtigte, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit mindestens einem minderjährigen Kind leben oder schwerbehindert sind, können Arbeitsverhältnisse bereits nach fünf Jahren Leistungsbezug gefördert werden.) und - die in dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig sozialversicherungspflichtig, geringfügig oder selbstständig gearbeitet haben
(Ausnahme: Die Voraussetzung gilt auch dann als erfüllt, wenn die leistungsberechtigte Person seit dem 1. Januar 2015 für mehr als sechs Monate in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt war, das durch einen Zuschuss nach § 16e (alt) oder durch das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ gefördert wurde, und sie dieses Arbeitsverhältnis nicht selbst gekündigt hat.) und - für die Zuschüsse an den Arbeitgeber noch nicht für eine Dauer von fünf Jahren erbracht worden sind und
- die in der Regel vor der Förderung für mindestens zwei Monate eine ganzheitliche Unterstützung (Coaching) erhalten haben.
Welche Arbeitsverhältnisse werden gefördert?
Gefördert werden Arbeitgeber mit Zuschüssen, die mit Personen der Zielgruppe ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis abschließen. Der Arbeitsvertrag darf bis zu einer Dauer von fünf Jahren befristet werden, innerhalb dieser Zeit darf er höchstens einmal verlängert werden.
Förderdauer
Maximal fünf Jahre
Förderhöhe Lohnkosten
- im 1. und 2. Jahr: 100 Prozent
- im 3. Jahr: 90 Prozent
- im 4. Jahr: 80 Prozent
- im 5. Jahr: 70 Prozent
der Höhe des Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz zuzüglich des pauschalierten Anteils des Arbeitgebers zur Sozialversicherung ohne den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung. Damit entstehen aus der geförderten Beschäftigung keine Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Ist der Arbeitgeber durch oder aufgrund eines Tarifvertrags oder nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zur Zahlung eines höheren Arbeitsentgelts verpflichtet, bemisst sich der Zuschuss auf Grundlage des zu zahlenden Arbeitsentgelts.
Begleitende Förderung
- Coaching: Während der Beschäftigung soll die Agentur für Arbeit oder ein von ihr beauftragter Dritter eine "erforderliche ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung" erbringen. Die Kosten für das Coaching werden für die gesamte Förderdauer übernommen. Im ersten Jahr der Beschäftigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dafür in angemessenem Umfang unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freistellen.
- Weiterbildung und Praktika: Angemessene Zeiten einer erforderlichen Weiterbildung oder eines betrieblichen Praktikums bei einem anderen Arbeitgeber werden mit bis zu 3 000 Euro gefördert
Ausschluss der Förderung
Eine Förderung ist ausgeschlossen, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses veranlasst hat, um die Förderung zu erhalten, oder dass der Arbeitgeber eine bisher für das Arbeitsverhältnis erbrachte Förderung ohne besonderen Grund nicht mehr in Anspruch nimmt.
Ende der Förderung
§ 16 i SGB II tritt zum 1. Januar 2025 außer Kraft. Arbeitsverhältnisse, die bis zu diesem Zeitpunkt beginnen, können längstens bis zum 31. Dezember 2029 gefördert werden.
Autor: Frank Steger
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Weitere Informationen
Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Häufig gestellte Fragen zum Teilhabechancengesetz